Darmperforation - Wie kam es zu dieser Schocknachricht?

Am Abend telefonierte ich noch mit Nico und ging schlafen, bis ich mit unaushaltbaren Schmerzen mitten in der Nacht aufwachte. Ich forderte innerhalb einer Stunde mehrmals Schmerzmittel an und ich wusste sofort, dass etwas mit mir nicht stimmt…

Mein anstrengender Weg zur Diagnose

Ich bekam verschiedenste Schmerzmittelinfusionen. Von Metamizol über Paracetamol bis hin zu dem Betäubungsmittel Piritramid. Doch die Schmerzen wurden immer schlimmer.
Ich konnte nur noch auf dem Rücken liegen, zog meine Beine an und stützte meine Fersen in die Matratze, mein kompletter Körper verkrampfte und ich konnte vor Schmerzen kaum atmen. Zusätzlich zu den Schmerzen musste ich mich immer wieder übergeben. Ich wusste, dass etwas in meinem Bauch nicht so ist, wie es sein sollte. Ich hatte die Vermutung, dass mein Darm gerissen sei.

"Ich konnte vor Schmerzen kaum atmen." 

Vier Stunden verblieb ich in dieser Position. Der Bedarf an Schmerzmitteln, den ich anfordern durfte, war längst aufgebraucht und ich musste mich durch die Nacht kämpfen. Am Morgen kam eine Ärztin zur Visite. Meine Zimmernachbarin, die gegenüber von mir lag, wurde zuerst untersucht und befragt. Danach kam sie zu mir und sagte: ,,Frau Kohlhaas Sie sehen aber nicht gut aus!‘‘ Sie tastete meinen Bauch ab und stellte fest, dass dieser verhärtet war. 20 Minuten später standen drei Chirurgen an meinem Bett. Sie bewegten das Bett so hin und her, dass es wackelte und ich vor Schmerzen zusammenzuckte. Sie vermuteten eine Darmperforation, wollten aber zur Absicherung eine Computertomografie (CT) machen. In der Zwischenzeit kamen meine Eltern und mein Partner Nico zu Besuch.

Da für das CT Kontrastmittel mit Anisgeschmack getrunken werden musste und ich dazu nicht in der Lage war, bekam ich von einem Pfleger eine Magensonde gelegt. Es gab keine andere Möglichkeit, auch wenn es für mich sehr unangenehm war. Damit ich die Magensonde und Kontrastmittel in meinem Körper halten konnte, bekam ich direkt ein Mittel gegen die Übelkeit.


Ein Transportdienst holte mich ab und fuhr mich zu der Untersuchung. Eine Person vor Ort hob meine 43kg auf die Untersuchungsliege. Ich hatte Kontrastmittel in meinem Magen, bekam es zusätzlich intravenös gespritzt und rektal verabreicht. In dem Moment war es das Schlimmste, was ich bis zu diesem Zeitpunkt im Krankenhaus mitgemacht habe. Dachte ich…

Nach ca. 10 Minuten war die Untersuchung beendet und ich wurde wieder auf mein Zimmer gebracht. Auf dem Zimmer wartete bereits eine Pflegerin mit weiteren Schmerzmitteln auf mich, die die Schmerzen tatsächlich vorerst linderten. Ich spürte zum ersten Mal Erleichterung an diesem Tag. Doch meine Familie machte sich große Sorgen. Sogar Nicos Eltern kamen ins Krankenhaus, um mir beizustehen. Nachdem ich etwas erleichtert war und ich mir lediglich Gedanken über die lästige Magensonde machte, kam die Ärztin in mein Zimmer und teilte uns mit, dass ich auf die Intensivstation verlegt werden müsste, um anschließend operiert zu werden.
Die Diagnose stand fest:

"Mein Darm war perforiert."

Vor fast drei Jahren habe ich diese Schocknachricht so hingenommen. Ich fühlte mich einfach machtlos und ließ alles über mich ergehen, ohne meine Gefühle zuzulassen oder über die Situation zu sprechen, da ich mit außerordentlichen Schmerzen zu kämpfen hatte. Diese ließen keine anderen Gedanken zu. Wenn ich jetzt daran denke, wird mir anders. Ich kann mich nun detailliert an jede Situation erinnern.  

Die Zeit vor der Operation auf der Intensivstation

Was mir genau bevorstehen würde, wusste ich noch nicht.

Ich wurde dieses Mal von zwei Ärzten durch den Keller des Krankenhauses auf die Intensivstation gebracht. Meine Eltern und Nico kamen nach. Die Chirurgen waren schon vor Ort und erklärten mir, dass sie nur kurz meinen Bauch aufmachen würden, um das Problem zu identifizieren. Sei versicherten mir, dass sie lediglich meinen Magen ausspülen würden. Einige Tage später erfuhr ich von meiner Familie, dass die Chirurgen ihnen bereits vor der Operation mitteilten, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit eine Stomaanlage (künstlicher Darmausgang) durchführen müssten, da meine medizinische Lage äußerst prekär gewesen sei.

Von der Station sah ich nicht viel, denn ich lag in einem großen Zimmer mit 6 weiteren Personen. Die Betten waren durch Vorhänge voneinander abgetrennt und jeder Patient hatte einen eigenen Monitor auf dem Werte wie Blutdruck und Puls zu sehen waren. Von dem Mädchen gegenüber hörte ich nur, dass sie einen Autounfall hatte.

Vor der Operation musste mir ein zentraler Venenkatheter (ZVK) gelegt werden. Der ZVK wird mit einem Schlauch über eine Vene vor den Vorhof des Herzens geschoben. Direkt vor der Operation hatte ich keine Angst, aber die Legung des ZVKs bereitete mir Sorgen. Mein Gesicht wurde mit einem grünen Tuch bedeckt und eine Stelle an meinem Hals betäubt. Ich kann mich genau an diesen dumpfen Druck erinnern, als der Katheter durch meinen Hals geschoben wurde. Heute bekomme ich bei jedem Gedanken an diese Situation direkt Gänsehaut. Das Legen eines Arterienzugangs wollten sie mir ersparen und erst unter Narkose durchführen. Dennoch musste vorher ein Röntgenbild zur Sicherstellung der richtigen Lage des ZVKs gemacht werden. Kurz danach wurden mir bereits zwei verschiedene Antibiotika über den Katheter verabreicht. Das war nötig, da ich durch die Perforation bereits eine Blutvergiftung hatte.


Ich bekam Thrombosestrümpfe und ein OP-Hemd angezogen und sollte meinen Schmuck entfernen. Danach wurde ich direkt an die Monitore zur laufenden Überwachung meines Blutdrucks, meines Pulses und der Messung der Sauerstoffsättigung angeschlossen. Die Pflegerin war sehr herzlich und freundlich. Dennoch war ich mit der kompletten Situation überfordert und innerlich total aufgewühlt. Ich nahm plötzlich keine Schmerzen und auch keine Übelkeit mehr war. Ich fühlte mich wie benommen.  

Eine Stunde später wurde ich für die Operation abgeholt. Neben meinen Magen-Darm-Spiegelungen, meine erste richtige Operation. Doch in dem Moment hatte ich keine Angst. Nico begleitete mich noch bis zur Schleuse und führte dabei ein Gespräch mit dem operierenden Arzt. Über was genau sie sprachen, hat er mir bis heute nie erzählt. Ich kann mich kaum daran erinnern, was in dem Zwischenraum passierte. Ab da ging alles sehr schnell. Ich bekam Fentanyl gespritzt und danach Propofol zum Einschlafen. Ich sollte bis 10 zählen, schaffte es aber nur bis drei als sich meine Augen schlossen.

Diese Erkenntnisse solltest Du für Dich mitnehmen:

Nehmt alle Warnsignale Eures Körpers wahr.
Starke Schmerzen solltet Ihr immer schnell abklären lassen.
Der Zentrale Nerven-Katheter ist eine Erleichterung für Menschen mit schlechten Venen.