Meine Gefühlswelt nach der Darmoperation

An die ersten Minuten nach der Darmoperation kann ich mich kaum erinnern. Vielleicht kennt Ihr das Gefühl, nach einer Operation aufzuwachen. Man weiß nicht, wo man sich befindet oder was grade passiert ist. Man kann weder sprechen, noch die Augen öffnen, weil die Kraft dafür fehlt. So erging es mir nach der sechsstündigen Operation.

Meine ersten Gedanken nach der Operation

Vermutlich bin ich das erste Mal in einem Überwachungsraum aufgewacht. Dort bemerkte ich die Magensonde in meinem Hals. Vor der sechsstündigen Operation wurde mir eine zuvor eingeführte Magensonde in der Operationsschleuse entfernt, sodass ich mit einem erleichterten Gefühl in die Operation gegangen bin. Umso enttäuschter und verzweifelter war ich als ich nach der Operation bemerkte, dass ich erneut eine bekommen hatte. Sie fühlte sich sehr dick an und wurde durch die Nase und den Rachen in den Magen geführt. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass die Sonde die kleinste Überraschung für mich sein würde. Das alles passierte innerhalb von wenigen Sekunden, denn ich schlief erneut ein.

Anscheinend wurde ich in der Zwischenzeit auf die Intensivstation gebracht. Dort wachte ich erneut auf. Ich schaffte es, meine Augen leicht zu öffnen, doch leider konnte ich den tollen Ausblick und den schönen Sonnenuntergang von meinem Platz aus nur kurz genießen.

Wir hatten mittlerweile 21 Uhr. Während ich diese Zeilen schreibe, kann ich mich ganz genau in die Zeit zurückversetzen. Die Situation läuft wie ein Film detailliert vor meinen Augen ab.

Ich machte mir in diesem Moment keine Gedanken darüber, was überhaupt mit meinem Bauch oder meinem Darm passiert ist. Ich hatte keine Schmerzen, wahrscheinlich hatte ich während und nach der Operation genug Schmerzmittel bekommen. Je mehr ich versuchte die Augen zu öffnen, desto stärker wurde mein Schwindelgefühl. Der Raum kreiste sich um mich herum und ich presste meine Augenlieder wieder zusammen. Ich beschloss, es bei den wenigen Versuchen zu belassen. Was ich nun außerdem merkte, war meine Übelkeit. Was bei der Tatsache, dass in meinem Bauch operiert wurde und ich zusätzlich starke Medikamente bekommen hatte, fast selbstverständlich war. Die Übelkeit war in dem Moment das Schlimmste für mich. So schlimm, dass ich jetzt noch Angst bekomme, sobald ich das Gefühl durch z.B. ein falsches Essen verspüre.

Zurück auf der Intensivstation

Auf der Station war es angenehm warm, ich war mit einer Decke zugedeckt und lag in einem normalen Patientenbett. Mein Bett stand sogar auf dem gleichen Platz wie zuvor. Mittlerweile hatte ich einer Schwester mitteilen können, dass ich etwas gegen Übelkeit brauchen würde. Also bekam ich verschiedene Medikamente über meinen Zentralen Venenkatheter (ZVK) dagegen. Später bemerkte ich, dass ich einen Blasenkatheter hatte, was mich sehr erleichterte. Ich war froh in der Situation nicht auf eine Bettpfanne klettern zu müssen.

Wahrscheinlich schlief ich in der Zwischenzeit erneut. Ich war sehr platt, die Situation war anstrengend und deshalb brauchte ich den Schlaf. Ich weiß nicht, wie viel Zeit verging bis auf einmal meine Familie neben meinem Bett stand. Alle waren dort. Mein Partner Nico, meine Eltern und Nicos Eltern. Meine Familie weinte vor Sorge aber auch vor Erleichterung, dass ich wach war und es mir dementsprechend gut ging. Anschauen konnte ich sie wegen meines Schwindels nicht aber ich hörte es in ihren Stimmen. Sie machten sich große Sorgen.

Ich werde niemals vergessen, wie meine Mutter weinend vor meinem Bett stand und fragte:

,,Weißt du, was die mit dir gemacht haben?‘‘

Als ich dies verneinte antwortete sie, dass das so gut sei. In dem Moment machte ich mir darum keine Gedanken, dafür war ich zu erschöpft. Das bemerkten meine Besucher, deshalb ließen sie mich alleine schlafen. Ich musste mich erst einmal sammeln und meine Gefühlswelt sortieren.

Das passierte während der Operation

Mein Bauch wurde durch einen Längsschnitt geöffnet. Der perforierte Darmbereich, also der Abschnitt zwischen Dünn- und Dickdarm inklusive meines Blinddarms, wurden entfernt.  


Durch die Perforation gelangte einiges an Darminhalt in den Bauchraum und rief eine Entzündung und eine schwere Blutvergiftung hervor, weshalb mein Bauch von innen sauber gespült wurde. Ich bekam durch den Blutverlust und die Blutvergiftung zwei Bluttransfusionen. Die Vorstellung, Blut von einem fremden Menschen in mir zu haben, finde ich immer wieder gruselig.

Damit mein Bauchraum besser abheilen konnte, bekam ich übergangsweise ein Stoma, also einen künstlichen Darmausgang.
Es war ein Ileostoma. Ein Abschnitt des Dünndarms wurde durch meine Bauchmuskeln durch einen Schnitt in meiner Haut am Bauch nach außen geführt, dort umgestülpt und an der Haut festgenäht. Der Dickdarm wurde an einer Seite verschlossen und blieb in meinem Bauch.

"Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass ich ein Stoma angelegt bekommen habe."

Diese Erkenntnisse solltest Du für Dich mitnehmen:

Es ist ok, nach einer Operation erschöpft zu sein.
Schlaf ist nach einer Operation wichtig.
Vertraue auf die Ärzte und Pfleger.