Morbus Crohn - Was machen die Schübe mit Dir?

Mein erster Morbus Crohn Schub verlief vergleichsweise harmlos und endete nach kurzer Zeit. Daher machte ich mir wieder große Hoffnung und stellte die Diagnose erneut in Frage. „Wahrscheinlich habe ich die Krankheit doch nicht?“ Auch mein Umfeld hinterfragte zunehmend die Diagnose der Ärzte, so dass ich in meinem Alltag vorerst keinerlei Änderung vornahm und mein Leben wie bisher lebte. Ich ernährte mich teilweise ungesund und ging nicht zum Arzt. Ich fühlte mich nicht krank. Also warum sollte ich auch etwas ändern, dachte ich mir damals.

Mein Start in den Job

Ich hatte am Ende meiner PTA-Ausbildung in der Prüfungsphase sehr viel Stress, was in dem Abschnitt natürlich normal ist. Ich erinnere mich daran, dass ich in der Zeit ab und zu Bauchschmerzen hatte. Ich nahm diese aber nicht als Warnsignal wahr, sondern als typische Stressbeschwerden, die jeder haben kann. Damals hatte ich eigentlich schon fast mit dem Morbus Crohn abgeschlossen. Ich hatte eine lange Zeit keine Beschwerden und der erste Schub war sehr harmlos. Also definierte ich diese Schmerzen als „normale“ Probleme.

Kurz vor meinem Examen lernte ich meinen Partner Nico kennen, der mir bei der Stressbewältigung half und mir meine Nervosität nahm. Auch heute ist Nico der Ruhepol in meinem Leben, der auf mich Acht gibt und großen Einfluss auf meine heutige Stressbewältigung hat.  

Vor dem Abschluss stürzte ich mich voller Vorfreude in den Bewerbungsprozess und bewarb ich mich bei einer Vielzahl von Apotheken. Schließlich hatte ich die Wahl zwischen fünf Apotheken, die mich einstellen wollten. Das löste bei mir totale Freude aus und ich entschied mich schließlich für eine große Centerapotheke mit sehr viel Kundenkontakt in der Nähe meiner Eltern. Mein Examen bestand ich ohne Probleme und ein neuer Lebensabschnitt begann für mich vor genau vier Jahren.

Ich gewöhnte mich schnell an die neue Apotheke, die Kunden und die Kollegen. Ich fand mich in meinem Job gut zurecht und hatte insbesondere viel Spaß bei der Kundenberatung. Allerdings gab es nicht nur gute Seiten in der großen Apotheke. Es war sehr anstrengend, den Kunden zu erklären, wieso ein bestimmtes Medikament momentan nicht lieferbar ist oder warum sie wegen der Rabattverträge ihr Medikament von einer anderen Firma bekommen als gewöhnlich. Die Diskussionen, die für mich trotzdem nachvollziehbar waren, zerrten an meinen Nerven. Einige Kunden schüchterten mich durch ihre unfreundlichen Reaktionen ein und somit entwickelte ich sogar eine Angst davor, jemandem mitteilen zu müssen, dass sein Medikament nicht lieferbar ist. Außerdem entschied sich eine Arbeitskollegin für einen Jobwechsel, was zusätzlich zu einer höheren Belastung für mich führte.

In dieser Zeit hatte ich immer wieder mit leichten Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit und Übelkeit zu kämpfen. Ich schob es auf die Vorfälle in der Apotheke, die mich psychisch sehr beschäftigten.

Ein halbes Jahr nach meinem Abschluss zogen mein Partner und ich in unsere erste gemeinsame Wohnung. Ich verabschiedete mich aus meinem Elternhaus und somit aus meiner gewohnten Umgebung. Der Umzug war aufregend und ich freute mich, aber zugleich war ich traurig, meine Eltern nicht mehr täglich sehen zu können.

"Es fiel mir schwer, Gefühle und Zeichen von Schwäche zuzulassen." 

Der zweite Morbus Crohn-Schub

Kurz nach dem Umzug folgte der erste Tag, an dem ich wegen meiner Bauchschmerzen auf der Arbeit ausfiel. Es war das erste Mal, dass ich an meine frühere Diagnose Morbus Crohn dachte. Ich beschäftigte mich mit dem Thema, schaute einige Videos von Betroffenen an oder las Beiträge im Internet.  „Es wird schon alles gut gehen‘‘, dachte ich mir. Ich wusste ganz genau, dass ich zum Arzt gehen sollte, um meine Blutwerte checken zu lassen. Doch das tat ich nicht. Nico und ich ließen mittlerweile sehr oft Verabredungen oder Veranstaltungen ausfallen, weil es mir nicht gut ging.

Wegen der häufigen Übelkeit aß ich sehr wenig und verlor deshalb innerhalb kurzer Zeit 8 Kilogramm an Gewicht. Ich kann Euch nicht sagen, was in mir vorging, weshalb ich nicht zum Arzt gehen wollte. Ich machte mir weder Sorgen, noch viele Gedanken, dass etwas Schlimmeres passieren könnte. Ich ging davon aus, dass die Probleme von selbst verschwinden würden. Wenn mich jemand nach meiner Gesundheit gefragt hat, antwortete ich ,,Gut‘‘. Es fiel mir schwer, Gefühle und Zeichen von Schwäche zuzulassen und zu zeigen.

Um dem Stress in der Apotheke zu entfliehen, bewarb ich mich auf eine Bürostelle als Pharmazeutisch-technische Assistentin (PTA) und wir buchten einen Urlaub auf Gran Canaria, um eine Auszeit zu bekommen.

Ein paar Wochen später hatten wir uns mit Freunden verabredet, um in einen Freizeitpark zu fahren. Wir freuten uns schon lange auf diesen Tag, doch am Vorabend bekam ich vor Übelkeit keinen Bissen runter. Ich hatte plötzlich so starke Bauchkrämpfe, dass ich nur noch vor Schmerzen gekrümmt im Bett lag. Ich kann mich genau daran erinnern, wie ich mit meinen Nerven am Ende war. Ich weinte den kompletten Abend bis wir uns dazu entschieden, ins Krankenhaus in die Notaufnahme zu fahren.

Mit dieser einen richtigen Entscheidung beginnt meine sehr lange Krankenhausgeschichte. Eine Entscheidung, die mir mein Leben gerettet hat.
Was ich im Krankenhauserlebt habe, werde ich in den nächsten Beiträgen mit Euch teilen.

 

Ein Schub – viele Symptome

Was ich Euch aus diesem Lebensabschnitt von mir mitgeben möchte, ist, dass Ihr auf Euren Körper hören und achten solltet. Wenn chronische Erkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa diagnostiziert werden, dann ist dies nicht aus einer Laune des Arztes entstanden, sondern viele Untersuchungen und Symptome führten zu dieser Diagnose. Es ist typisch, dass die beiden Darmerkrankungen in Schüben verlaufen. Nur weil man sich in einer symptomfreien Phase befindet, ist die Krankheit nicht weg oder geheilt. Die symptomfreie Phase kann bei einigen Betroffenen sehr lange anhalten, doch auch da ist es wichtig, wenn nötig, Medikamente weiter zu nehmen und auf eine gesunde Lebensweise zu achten.

Die Schübe, die durch den Crohn auftreten, setzten einem nicht nur körperlich, sondern auch psychisch sehr zu. Die Bauchschmerzen sind für mich am schlimmsten. Sie treten plötzlich auf, wenn ich sie am wenigsten gebrauchen kann. Manchmal könnte ich allerdings einen Wecker danach stellen. Wenn ich weiß, dass an einem Tag etwas Besonderes passiert, bekomme ich schon davor Bauchkrämpfe. Die genauen Auslöser für die Schübe sind nicht bekannt, aber insbesondere Stress kann den Darm und die Erkrankung negativ beeinflussen. Auch wenn es sehr schwierig ist, versuche ich Stress so gut es geht zu vermeiden.

Stellt Euch folgende Situation vor – einige von Euch werden es bestimmt kennen:

Ihr freut Euch auf Euer Abendessen und esst es ohne einen Hintergedanken. Danach bleibt Ihr noch etwas am Tisch sitzen. Plötzlich überkommt es Euch. Ein hoher Puls, Euer Herz schlägt bis zum Hals, Ihr habt Hitzewallungen, Übelkeit und Bauchschmerzen, von jetzt auf gleich. Ihr fragt Euch, was Ihr jetzt schon wieder falsch gemacht habt.

„Was habe ich nicht vertragen? Habe ich etwas falsches gegessen?‘‘

Im gleichen Moment müsst Ihr zur Toilette rennen, denn der Durchfall überkommt Euch. So geht es mehrmals die Woche oder bei Vielen sogar täglich. Es ist normal, dass man in der Situation verzweifelt ist, aber es ist wichtig, sich nicht die Schuld für die Erkrankung zu geben.

Neben der Übelkeit und den Unverträglichkeiten, entstanden bei mir Mangelerscheinungen wie Vitamin B6-, B12- und Eisenmangel. Symptome sind zum Beispiel Müdigkeit, Hautblässe, Kurzatmigkeit, Schwindel und Leistungsabfall. Es ist schwierig, meine Probleme der Gesellschaft mitzuteilen. Ich wurde oft einfach als faul abgestempelt, wenn ich erschöpft war.

Ich habe mit der Zeit eine Möglichkeit gefunden, mich in den schlimmeren Phasen abzulenken. Ich male, was für mich sehr entspannend ist oder spiele an der Konsole, um vor der Realität zu flüchten. Dabei habe ich häufig eine Wärmflasche auf dem Bauch.

Durch all die Folgen dieser Erkrankung kann es passieren, dass man sich sozial isoliert und am liebsten das Haus nicht mehr verlassen würde. Es ist jedes Mal eine Überwindung für mich, etwas Großes zu unternehmen oder Freunde zu treffen.

Diese Erkenntnisse solltest Du für Dich mitnehmen:

Lerne, MIT Deiner Erkrankung zu leben und nicht GEGEN sie.
Du darfst Gefühle und Schwäche zeigen.
Du bist nicht Schuld an Deiner Krankheit!