Plötzlich Patient - Diagnose Morbus Crohn

Seit 6 Jahren lebe ich mit der Diagnose Morbus Crohn. Doch bis zu dieser Diagnose war es ein langer und anstrengender Weg. Sicherlich haben auch einige von Euch Erfahrungen mit dieser Krankheit gemacht und teilen meine persönlichen Eindrücke.

Morbus Crohn – Was ist das?

Morbus Crohn ist eine chronisch entzündliche Darmerkrankung, die Symptome wie anhaltenden Durchfall, Übelkeit und starke Bauchschmerzen hervorruft. Diese treten meistens in krampfartigen Schüben auf und bestimmten nachhaltig meinen Alltag. Dennoch variieren die Symptome von Mensch zu Mensch stark, da diese von dem betroffenen Abschnitt des Verdauungstrakts abhängig sind. Daher lässt sich kein allgemeingültiger Krankheitsverlauf prognostizieren. Die Entzündungen können im gesamten Magen-Darm-Bereich auftreten. Dementsprechend entzündet sich bei Morbus Crohn nicht nur die oberflächliche Darmschleimhaut, sondern es kommt häufig ebenfalls zu einer Erkrankung in den tieferen Regionen der Darmwand. Zur Linderung der einzelnen Entzündungsstufen sowie der Linderung der krampfartigen Schübe reicht meistens die Behandlung mit Medikamenten aus.  Bei schweren Krankheitsverläufen und dem Auftreten negativer Begleiterscheinungen ist eine Operation unerlässlich und gegebenenfalls ein Stoma notwendig.


Meine Morbus Crohn- Diagnose

Ich war schon immer eine sehr schlanke Person. Ich konnte so viel essen, wie ich wollte und nahm nicht zu. Nicht selten haben Mitschüler mich wegen meines Untergewichts gehänselt und regelmäßig über mich gelacht.
Ich hatte bereits im Grundschulalter Phasen in denen ich mich regelmäßig nach dem Essen übergeben musste und durch zu viel Luft im Darm traten bei mir immer wieder starke Bauchschmerzen auf.

Als meine Pubertät viel später als gewöhnlich einsetzte, beschloss ich, mich beim Arzt richtig durchchecken zu lassen. Der Hauptgrund für den Termin war mein Untergewicht (17 Jahre, 168cm groß, 48kg Gewicht). Ich fühlte mich körperlich fit, aber psychisch war es für mich eine große Belastung.  Die Blutuntersuchung durch meinen damaligen Kinderarzt deutete bis auf den Eisenwert auf keine Unstimmigkeiten hin. Daraufhin wurde im nächsten Schritt eine Stuhluntersuchung angeordnet bei der sich herausstellte, dass der Calprotectin-Wert auffällig hoch war. Da weder ich noch meine Mutter etwas mit diesem Wert anfangen konnten, durchforsteten wir das Internet nach Definitionen, Vergleichswerten und Diagnosen. Dabei stießen wir zum ersten Mal auf die Erkrankung Morbus Crohn.

Dennoch lasen wir in einigen Erfahrungsberichten, dass dieser Wert einfach von Natur aus höher sein kann, und dies keine Seltenheit ist. Daraufhin zerbrach ich mir tagelang den Kopf, versuchte aber die Zukunft optimistisch anzugehen und erstmal alle weiteren Kontrollen abzuwarten. Kurze Zeit später stand zur genaueren Untersuchung meine erste Darmspiegelung an. Für mich war diese Darmspiegelung, als junges Mädchen, das Schlimmste was hätte kommen können. Nicht nur das Abführen zu Beginn, auch, dass sich fremde Ärzte meinen Darm von innen anschauen, während ich schlafe. Zu diesem Zeitpunkt ließ mich allein die Vorstellung an die bevorstehende Darmspiegelung nicht mehr ruhig schlafen. Meine Gedanken waren geprägt von Angst, Unsicherheit und vor allem von Scham. Mittlerweile sind Darmspiegelungen für mich und sicherlich für viele von Euch bestimmt auch Routine und das Normalste der Welt. Nach der Untersuchung erklärte mir einer der Ärzte, dass sie nichts Auffälliges sehen konnten und somit eine Gluten- und Laktoseintoleranz ausgeschlossen werden konnte.

Ich entschied mich, mich in der gastroenterologischen Ambulanz dieses Krankenhauses weiteren Untersuchungen zu unterziehen. Als auch andere Nahrungsmittelunverträglichkeiten durch den Verzicht auf Fisch, Fleisch, Weizen und Obst ausgeschlossen werden konnten, wurde bei einer erneuten Blutuntersuchung plötzlich ein erhöhter Entzündungswert festgestellt. Ich selbst merkte davon nichts. Keine vier Wochen später hatte ich einen erneuten Darmspiegelungstermin, bei dem ich zur Vorbereitung stationär aufgenommen werden sollte. Dieses Mal fiel mir das Trinken des Abführmittels nicht so leicht. Ich übergab mich einige Male und kam somit nicht an der Magensonde vorbei. Als ich nach der Sedierung durch Propofol wach wurde, erklärte mir der Arzt, dass mein Zwölffingerdarm und der Übergang zwischen Dünn- und Dickdarm entzündet seien und dass dies bei Morbus Crohn typisch sei. Somit stand meine Diagnose fest.

Ich habe Morbus Crohn.

Dies war nicht nur für mich, sondern auch für meine Eltern ein großer Schock. Im Vorfeld hatten meine Eltern und ich uns bereits über die Erkrankung schlau gemacht und stießen dabei vor allem auf viele negative Erfahrungsberichte.

Der Arzt versicherte uns jedoch, dass ein Schub in der Regel mit harmlosen Medikamenten bekämpft werden kann. Was mir keiner glaubte war, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt weder von Bauchschmerzen noch von Übelkeit geplagt wurde. Doch das änderte sich bald.

Die medikamentöse Behandlung

Einige Tage später, nach der Wiedervorstellung in der gastroenterologischen Ambulanz, hielt ich mein erstes Rezept in der Hand. Budesonid, ein lokal wirksames Cortison und Pantoprazol zur Behandlung des Zwölffingerdarmgeschwürs. Ich nahm morgens und abends eine Kapsel, mit der Hoffnung, dass die Entzündungen damit abheilen. Doch leider taten sie dies nicht. Mittlerweile hatte ich immer öfter mit Bauchschmerzen zu kämpfen. Es überkam mich beim Essen, in der Nacht und in der Schule. Ich ließ die Behandlungen und die Untersuchungen der Ärzte, ohne darüber nachzudenken, über mich ergehen. Ich vertraute auf ihr Wissen und verdrängte den Gedanken an eine chronische Erkrankung immer wieder.

Bei meinem nächsten Arztbesuch hatten sich meine Entzündungswerte nicht verbessert. Wir stiegen auf Cortison-Tabletten um, welche im gesamten Körper wirken sollten. Da ich zu dem Zeitpunkt bereits meine Ausbildung zur Pharmazeutisch-technischen Assistentin begonnen hatte, kannte ich mich mit den Nebenwirkungen des Cortisons aus und war nicht sehr begeistert von der Therapie. Doch was muss, dass muss, dachte ich mir! Die Therapie startete mit 40mg Prednisolon morgens, mittags und abends. Die Dosierung sollte Woche für Woche reduziert und mein Entzündungswert regelmäßig kontrolliert werden. Nach wenigen Tagen setzten bereits die ersten Nebenwirkungen ein. Ich nahm zwei Kilogramm zu und bekam ein ,,Vollmondgesicht‘‘. Ich hatte erhöhten Blutdruck und erhöhte Zuckerwerte. Doch auch die täglichen Bauchkrämpfe wurden immer seltener.  

So schnell wie die Nebenwirkungen kamen, verschwanden sie beim Ausschleichen des Medikaments wieder. Als ich bei der Dosierung 20mg morgens, mittags, abends ankam, sank sogar mein Entzündungswert. Es war eine Erleichterung, dass die Therapie anschlug. Motiviert nahm ich meine Tabletten und senkte die Dosis wie besprochen. Bei 7mg drei Mal am Tag, hatte ich plötzlich Bauchschmerzen beim Besuch der Toilette und das regelmäßig. Meine Blutwerte waren bei der nächsten Kontrolle ernüchternd, die Entzündungswerte waren wieder gestiegen. Ich war sehr enttäuscht und unsicher über die Therapie und meinen Darm. Die Dosis wurde wieder erhöht auf 10mg. Ich hatte mittlerweile so häufig Bauchschmerzen, dass ich an schlechten Tagen nicht einmal zur Schule gehen konnte.

Körperliche und psychische Überforderung

Ich war mit der Situation komplett überfordert und wusste bis dahin nicht, wie sehr die Psyche die Erkrankung zusätzlich beeinflussen kann. Eines Morgens war es so schlimm, dass ich zitternd und mit Fieber aufwachte. Ich hatte extreme Schmerzen in meinem rechten Unterbauch, sodass ich mich kaum bewegen konnte. Meine Mutter fuhr sofort mit mir in das Krankenhaus, in dem ich ambulant behandelt wurde. Mir wurde Blut abgenommen, ich war sehr erschrocken, als der Arzt mir sagte, dass der Entzündungswert bei 300 lag. Ich wurde stationär aufgenommen, bekam Schmerzmittel und eine erhöhte Cortison-Dosis oral. Im Ultraschall sah man, wie sehr dieser eine Darmabschnitt entzündet war. Zwei Wochen vergingen, das Cortison schlug sofort an und als meine Blutwerte besser waren, wurde ich entlassen. Wir reduzierten das Cortison wie das vorherige Mal langsam und mit dem Cortison wurden auch meine Bauchschmerzen weniger, bis sie irgendwann komplett verschwunden waren. Den Gedanken an die Erkrankung verdrängte ich weiterhin. Ich fühlte mich einfach nicht wie ein Patient.

Das war der erste Schub meiner Erkrankung Morbus Crohn, alles im Zeitraum meines 17. Lebensjahres. Die Symptome kamen plötzlich und verschwanden genauso schnell wieder.



,,Vielleicht habe ich die Erkrankung doch nicht!‘‘

dachte ich zu dem Zeitpunkt noch.

Diese Erkenntnisse solltest Du für Dich mitnehmen:

Setze Dich mit Deiner Erkrankung auseinander.
Vermeide negativen Stress.
Rede über Deine Gedanken und Probleme.