Stoma - Wie gehe ich damit um?

Stoma - wie gehe ich damit um? Auf der Überwachungsstation fühlte ich mich von Tag zu Tag besser. Ich konnte mittlerweile normal essen, trinken und mich in meinem Bett bewegen. Ich kämpfte nicht mehr mit meiner Übelkeit und war überglücklich, als ich den lästigen Blasenkatheter entfernt bekam. Vor der Entfernung hatte ich Angst, doch die Angst war unbegründet, da ich davon nichts merkte. Genauso das Ziehen der Drainage. Ich sollte kurz Husten und sie war raus. Nun war endlich die Rede von der Normalstation, auf die ich leider noch 3 Tage warten musste, weil nicht ausreichend Betten verfügbar waren. Ich ging sogar selber ins Bad, um mich frisch zu machen. Ich war zwar noch etwas wackelig auf den Beinen, aber auch das wurde mit der Zeit besser.


Wann wurde mir das Stoma bewusst?

So richtig bewusst wurde mir das Stoma bei meinem zweiten Wechsel durch die Stomatherapeutin. Davor hatte ich einfach hingenommen, dass mein Darm an meinem Bauch rausschaute aber ich hatte mich nicht weiter damit beschäftigt. Das Abziehen der Platte war wieder sehr unangenehm.  

Was mich unglücklich machte war, dass an dem Beutel ein Schlauch mit einem weiteren Beutel befestigt war. Das Ganze behinderte mich beim Aufstehen, beim Hinlegen und Setzen.

Bei diesem Wechsel schaute ich genau hin. Die Narbe an meinem Bauch sah sehr groß aus. Durch die Darmperforation mussten sie meinen Bauch weit aufschneiden, wobei eine geplante Stomaanlage in der modernen Medizin durch kleine Schnitte am Bauch erfolgen kann, die danach nicht einmal genäht werden müssen. Mein Schnitt wurde getackert, nicht genäht, weshalb ich mir zu dem Zeitpunkt schon Sorgen über die Entfernung der Klammern machte.

Die Stomatherapeutin wechselte meinen Beutel schnell. Es war ihr anzusehen, dass sie das täglich macht. Sie schnitt ein Loch in eine Klebeplatte, welches die genaue Form meines Darms hatte, klebte sie auf meinen Bauch und drückte sie an. Danach befestigte sie nur noch den Beutel darauf und das war es schon. Auf die Frage, wie es mir damit ginge, antwortete ich, dass es mir lieber wäre, wenn mein Darm sich dort befinden würde wo er hingehört.

,,Wenn das Stoma nicht wäre, wären Sie vielleicht nicht mehr da.“

entgegnete sie darauf. Der Satz schockte mich im ersten Moment. Darüber hatte ich noch nicht nachgedacht. Auf der einen Seite fand ich es sehr unsensibel, dass sie mir diesen Satz so in mein Gesicht sagte, auf der anderen Seite brauchte ich diesen Anstoß. Ich dachte den Tag über sehr viel über den künstlichen Darmausgang nach und akzeptierte, dass er für eine gewisse Zeit mein Leben begleiten würde. Ich machte mir bewusst, dass er mein Leben gerettet haben könnte.

Wusstet Ihr, dass die Mehrzahl der Stomaträger:innen ihrem Beutel einen Namen geben? Meiner hieß Ted. Ich freundete mich mit Ted immer mehr an. Mir gefiel sogar der Gedanke, nicht mehr zur Toilette zu müssen. Meine Eltern, Nicos Eltern und Nico kamen mich regelmäßig besuchen und wir machten sogar Witze darüber, wenn Ted Geräusche machte, die ich nicht kontrollieren konnte.


So unterstützte mich das Krankenhaus

Im Krankenhaus wurde mir sehr früh eine Psychotherapie angeboten. Dabei ging es hauptsächlich ums Reden und Verarbeiten. Die Psychotherapeutin merkte schnell, dass ich gut mit der Situation zurechtkam und keine Medikamente oder eine weitere Behandlung brauchte. Ich bekam außerdem Besuch von einer Ernährungsberaterin. Sie klärte mich darüber auf, wie ich mich wegen meines Morbus Crohns und meines Stomas ernähren sollte. Sie gab mir eine Liste mit leicht verdaubaren Lebensmitteln und mit Lebensmitteln, die mit Vorsicht zu genießen seien, wie zum Beispiel fasriges Fleisch oder Pilze. Doch sie versicherte mir, dass jeder Mensch anders reagiert und ich selber ausprobieren könne, was ich vertrage und was mein Darm verdauen könne und was nicht. Nach diesem Motto lebe ich übrigens jetzt immer noch.

Erster Kontakt mit der "Stoma-Community"

Im Laufe der Woche bekam ich Besuch von zwei Stomaträgerinnen. Die zwei Damen waren Mitglieder der Deutschen ILCO e.V., einer Selbsthilfeorganisation für Stomaträger:innen. Sowohl Menschen mit einem künstlichen Darmausgang, als auch mit einer künstlichen Darmableitung können dort Mitglieder werden. Sie erzählten mir, dass sie ein ganz normales Leben führen und allen Hobbys und Interessen nachgehen könnten, die sie vorher schon hatten. Besonders toll fand ich, dass man den Beutel unter ihrer Kleidung nicht sehen konnte, worüber ich froh und erleichtert war. Ich recherchierte in der Zeit sehr viel im Internet. Ich suchte auf Instagram nach Personen mit einem künstlichen Darmausgang und wurde auf Facebook Mitglied in einigen Gruppen, die sich mit dem Thema beschäftigen. Ich sah viele junge Frauen, die sich auf Instagram mit ihren Beuteln zeigten und auf einmal fühlte ich mich besonders. Vor allem war ich stolz auf mich und meine Fortschritte.

Für mich ging es immer weiter Berg auf und deshalb durfte ich endlich auf die Normalstation verlegt werden.

Diese Erkenntnisse solltest Du für Dich mitnehmen:

Probiere selbst aus, was Du mit Deinem Stoma essen oder trinken kannst.
Du bist nicht allein! 
Suche Kontakt zu Menschen, die so sind wie Du.